Einführung in die Philosophie Teil 1 – Philosophie in der Antike: Nietzsche, Parmenides, Platon & Aristoteles

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1 Einleitung

„Am Anfang war die Philosophie“. Diese Aussage ist sicherlich begründet, wenn sie sich auf die Entstehung der Wissenschaft mit ihren heute unterschiedlichen Fachbereichen bezieht – unabhängig davon, ob es sich um die Natur-, Ingenieur- oder Geisteswissenschaften handelt. Während aus einer theologischen Perspektive die Welt und das Universum aus sich heraus existieren und funktionieren, betrachteten die frühen Philosophen die Natur aus einem theoretischen Ansatz heraus und versuchten schon frühzeitig, Zusammenhänge zu beleuchten und zu verstehen.

Sowohl die Theologie wie die Philosophie suchen dabei nach Erklärungen und sind nicht zwangsläufig kontradiktorisch gegeneinander gerichtet. Allerdings definiert lediglich die Philosophie universelle Erkenntnisse, die unabhängig von einem kulturellen oder religiösen Kontext anzuwenden sind. Sie stellt deshalb die Frage nach einem universellen „Warum“ und begründet auf den individuellen Interpretationen – seien sie theoretischen oder experimentellen Ursprungs – ein erklärendes System, ohne sich dabei direkt auf ein Dogma aus mündlichen Überlieferungen oder sakralen Texten zu beziehen.

Es ist deshalb schlüssig, dass die frühen Disziplinen der Philosophie die Ethik als Wissen um rechtes und gerechtes Handeln, die Logik als der Weg zu der Erlangung folgerichtiger Erkenntnisse und die Metaphysik als die Frage nach dem Ursprung und Sinn des Seins und der Wirklichkeit umfassten. Antworten sind in der Philosophie deshalb nicht vorgegeben und bilden unabänderliche und nicht bewiesene Axiome, sondern werden durch Beobachtung, Erklärung und Interpretation schrittweise erlangt. Diese Einführung konzentriert sich explizit auf die abendländische Philosophie und behandelt nicht die Entwicklung alternativer Denkansätze, wie sie etwa in Asien, Afrika oder Amerika entstanden.

2 Vermächtnis der Scholastik: die Philosophie in der Antike

Paradoxerweise ist es den christlichen Mönchen des Mittelalters zu verdanken, dass sich viele der Schriften von Philosophen aus der römisch-griechischen Antike erhalten haben. Diese schrieben sie ab und versuchten abschließend, sie in einem christlichen Sinne neu zu interpretieren. Dazu widmeten sie sich in einem intensiven Studium ohne körperliche Arbeit – dieses Merkmal drückt sich in ihrer Bezeichnung als „Scholastiker“ aus.

Der Begriff Scholastik beschreibt hingegen ein von Aristoteles definiertes Vorgehen bei der Beweisführung, um Prämissen und Annahmen logisch zu analysieren und dadurch wesentliche Fragen zu beantworten. Das Verfahren galt im Mittelalter als universelle und akzeptierte wissenschaftliche Methode, um Dispute zu lösen und kam sowohl bei theologischen Differenzen etwa durch antagonistische Exegese der Bibel wie bei rechtlichen oder naturwissenschaftlichen Fragen zum Einsatz.

2.1 Vorsokratiker: Nietzsche

Bis in die Romantik erfuhren die Philosophen, die vor Sokrates lebten, lediglich eine geringe bis keine Aufmerksamkeit und Rezeption. Ihre spätere Rezeption geht weitgehend auf Friedrich Wilhelm Nietzsche (15. Okt. 1844 – 25. Aug. 1900) zurück, der ihnen in seiner Kritik zu Platon eine bedeutende Rolle zuwies und ihnen den Namen „Vorsokratiker“ verlieh, wobei er auf lateinische Erwähnungen aus dem Mittelalter (ante Socratem) stützte. (1) Im Zentrum ihrer Überlegung stand die Natur und dem Ursprung aller Dinge (Arche) als Anfangsgrund oder Prinzip (principium) für die Entstehung der Welt und des Kosmos. Dieses stellt das Fundament aller Dinge dar und ist somit der erste Punkt aller kausalen Entwicklung.

Die Vorsokratiker beschäftigten sich ebenfalls mit Naturwissenschaften wie Mathematik und Geometrie. Bekannt ist heute etwa der „Satz des Thales“, nach dem ein Dreieck in einem Halbkreis immer rechtwinklig ist, sowie der „Satz des Pythagoras“ zur Berechnung eines rechtwinkligen Dreiecks. Beide beeinflussten die griechische Philosophie erheblich, ein weiterer wichtiger Vertreter war der ihnen später folgende Parmenides von Elea.

2.2 Parmenides – Wahrheit als Erkenntnis

Parmenides (ca. 520 v. Chr. – 460 v. Chr.) wirkte in der von Griechen in Süditalien gegründeten Stadt Elea, wo er nach Angaben Plutarchs hohes Ansehen genoss und als Gesetzgeber fungierte. Er verfasste lediglich ein einziges Werk, das aufgrund des etwa 1000 Jahre später lebenden neuplatonischen Philosophen Simplikios zumindest fragmentarisch überliefert ist und heute als das „Lehrgedicht“ des Parmenides bekannt ist.

In diesem Lehrgedicht durchschreitet der Philosoph ein Tor, woraufhin ihn eine namenlose Göttin entführt, um ihm die Wahrheit über das Sein zu zeigen. Die Philosophie zeigt sich hier nicht als das Resultat theoretischen und logischen Denkens, sondern als eine Offenbarung und dem Resultat eines Sehens und Schauens (Theorie), während ihm die Göttin argumentativ die Wahrheit erörtert. Sie unterscheidet zwischen zwei Wegen, die der Philosoph kennen muss, um den richtigen unter ihnen zu wählen: den Pfad des Seins und den des Scheins. Dabei betont sie, dass die meisten den falschen – den Pfad des Scheins – bevorzugten und nur wenige demjenigen des Seins folgen würden.

In diesem Lehrgedicht findet sich ein Schlüsselsatz, der eine elementare Bedeutung für die spätere Betrachtung des Denkens und die Entwicklung der Philosophie gewinnt: „Dasselbe ist Denken und Sein“. (1) Dabei ist zu berücksichtigen, dass dieser Satz ambivalent ist, denn Parmenides unterscheidet nicht zwischen dem Sein in prädikativer Form als Kopulasatz im Sinne einer Gleichstellung (Denken ist identisch mit Sein) oder Sein als existenzielle Beschreibung (Denken existiert im Sein).

Die führt zu zwei möglichen Interpretationen. Lange Zeit vertraten Philosophiehistoriker – zum Beispiel Eduard Gottlob Zeller (22. Jan. 1814 – 19. März 1908) – die Lehrmeinung, Parmenides würde hier Denken mit Sein gleichsetzen und keinen Unterschied zwischen beidem sehen. In der modernen Philosophie hat sich jedoch eine alternative Deutung etabliert, die besagt, dass stattdessen dasselbe sowohl ein Produkt des Denkens wie des Seins darstellen kann. Die Diskrepanz ermöglicht es einerseits, den Satz im Sinne der Intelligibilität auszulegen – das Sein ist epistemisch zu erkennen und lässt sich denken und verstehen. Er kann jedoch ebenfalls als Intentionalität nach Edmund Gustav Albrecht Husserl (8. Apr. 1859 – 27. Apr. 1938) gedeutet werden – das Denken ist stets auf etwas Konkretes oder Imaginäres, das Sein, gerichtet. Dieser aus dem einen Satz resultierende Unterschied beeinflusst in seiner Wirkung die Geschichte der Philosophie in nicht zu unterschätzender Weise.

2.3 Platon und die Sophisten

Da Sokrates (469 v. Chr. – 399 v. Chr.) keine eigenen Werke hinterließ, beruhen heutige Kenntnisse über ihn ausschließlich auf sekundären Quellen. Die beiden wichtigsten unter ihnen sind ohne Zweifel die Aufzeichnungen seiner Schüler Platon (ca. 427 v. Chr. – 347 v. Chr.) und Xenophon (ca. 430 v. Chr. – 354 v. Chr.). Platon geht davon aus, dass eine fundamentale Wahrheit existiert, die sich jenseits der menschlichen Sinne befindet, sich aber trotzdem erkennen lässt. Diese Annahme spiegelt sich zum Beispiel in seinem hohen Interesse für die Geometrie wider, in der sich ebenfalls hinter scheinbar einfachen Formen zahlreiche Gesetzmäßigkeiten verstecken, die sich nur durch analytisches Denken erkennen lassen.

Die wirkliche Wahrheit kann in Bezug auf Parmenides ausschließlich durch den Pfad des Seins und nicht des Scheins erreicht werden. Sie besteht aus idealen Formen (Ideen) und bietet zwei unterschiedliche Methoden, um sie zu begreifen: das interessenlose Betrachten und die Theorie mit der Argumentation und der kontroversen Rede (Dialektik). Die Dialektik definiert Platon als einen gezielten Disput nach festen Regeln, der zum Ziel hat, ein besserer und weiserer Mensch zu werden. Zu den rhetorischen Mitteln zählen unter anderem die Elenktik (Elenchos), bei der eine Aussage durch logische Folgeschlüsse als unredlich oder unwahr enttarnt wird, oder die von Sokrates übernommene Mäeutik (Maieutik). Letztere stellt Platon als eine Kunst dar, mit der ein Philosoph seinem Gegenüber im Dialog hilft, verborgene Schlüsse selbst zu erkennen.

Mit seinem Konzept grenzt er sich von den zeitgenössischen Sophisten ab, die als Gelehrte, Meister und Lehrer den Nachwuchs der herrschenden Oberschicht und reicher Bürger ausbildeten, damit diese aufgrund ihrer Kenntnisse und Fähigkeiten eine gute Reputation erzielen und hohe Ämter erlangen konnten. Platon lehnt den unter den Sophisten in den Vordergrund gestellten finanziellen Aspekt ab und setzt stattdessen den Fokus auf die Vermittlung von Wissen und dem Streben nach Erkenntnissen. Seine Lehre soll nicht allein Techniken für einen persönlichen Erfolg bereitstellen, sondern den Menschen und die Qualität seiner Seele ethisch verbessern.

Als einen optimalen Weg zu der Philosophie betrachtet Platon die Mathematik, denn sie zeigt universell gültige Regeln und Strukturen hinter dem sichtbaren Schein auf. Sie erlaubt durch ihre Abstraktion von dem Konkreten das Erkennen der Wahrheit und ihrer idealen Formen unabhängig von dem Einzelfall. Der Philosoph hat die Aufgabe, sich diesen Weg zu erschließen und sich den fundamentalen Prinzipien zu widmen, statt sich mit einer individuellen und egozentrischen Perspektive zu begnügen. Deshalb sollte er als weitblickender, nicht im Alltag behafteter Mensch paternalistisch die Führung in der Polis übernehmen, um die Politik und die Entwicklung der Gesellschaft in die korrekte Richtung zu lenken. Dabei soll er sich von der Tugend des Großmuts und der Barmherzigkeit (Magnanimity) leiten lassen und als wohlwollende, aber elitäre Autorität über dem Volk stehen und dieses regieren.

2.4 Aristoteles – Pluralität und Praxis

Platon hat die gesamte Geschichte der westlichen Philosophie geprägt – der britische Philosoph Alfred North Whitehead (15. Feb. 1861 – 30. Dez. 1947) schloss daraus, dass die gesamte abendländische Philosophie letztendlich eine „Fußnote zu Platon“ bilde. Bei strenger Auslegung hieße dies jedoch, das Werk seines Schülers Aristoteles (384 v. Chr. – 322 v. Chr.) zu relativieren, das sich durch erhebliche eigenständige Leistungen über den Charakter einer Fußnote auszeichnet. Ein Schlüsselsatz für das Verständnis von Aristoteles und die Unterschiede in seiner Philosophie gegenüber Platon lautet: Das Sein wird auf vielfache Weise gesagt. (1) Diese Aussage weicht deutlich von Platon ab, der hinter dem äußeren Schein eine unabänderliche und verbindende Einheit vermutet, die als intelligibles Ideal wirkt.

Im Unterschied zu seinem Lehrer beschäftigte sich Aristoteles nicht allein mit abstrakten Wissenschaften wie der Mathematik, sondern fertigte ebenfalls naturwissenschaftliche und seiner Zeit entsprechend empirische Studien etwa über die Biologie an, die einen erheblichen Teil seines Gesamtwerks ausmachen. Einen speziellen Schwerpunkt legte er auf die Tiere, während sein wichtigster Schüler Theophrast (ca. 371 v. Chr – 287 v. Chr.) sich auf die Botanik konzentrierte. Zu diesen Untersuchungen zählen unter anderem die Entwicklung und Anlage von Organen oder der Aufbau von (menschlichen) Körpern. Aristoteles berücksichtigte und befürwortete somit ausdrücklich die Pluralität als Wesenseigenschaft des Seins und steht somit ebenfalls gegen Parmenides mit seiner Interpretation der einen und universellen Wahrheit.

Auf Aristoteles gehen zwei wichtige Theorien zurück, die dieser in seinen Schriften teilweise von Platon übernommen und teilweise selbst entwickelt hat: die Prädikabilienlehre (2) und die Kategorienlehre (3). Die Prädikabilien bezeichnen dabei Begriffe, mit denen etwas über die Art und Weise eines Objekts ausgesagt werden. Diese können konkrete, gemeinschaftliche Eigenschaften einer Gruppe von Dingen wie etwa die Gattung und die Art, Unterschiede zwischen ihnen auf einer hierarchischen Stufe der Ordnung (Differenz), eine diesem Ding spezielle Eigenschaft (Proprium) oder ein potenziell vorhandenes oder fehlendes Merkmal (Akzidens) sein. Die Kategorien hingegen stellen eine hierarchische Ordnung dar, mit der das Seiende definiert werden kann, und umfassen die Substanz als das Wesen einer zeitlich und lokal vorhandenen Entität – zum Beispiel ein Pferd oder ein Mensch – und ihr untergeordnete Akzidentien wie Aussehen, Größe, Tätigkeit, Zeitpunkt oder Ort.

Ganz im Sinne des Anfangs angeführten Satzes steht hinter dem Seienden bei Aristoteles deshalb keine einzelne, abstrakte, universelle und perfekte Idee – es lässt sich auf vielfache Weise benennen und muss gar auf diese Weise beschrieben werden, um Exaktheit zu erreichen. Jeder Gattung oder Substanz kommen keine unveränderlichen Axiome zuteil, sondern sie differenzieren sich durch zahlreiche Eigenschaften und Akzidentien, die zu berücksichtigen sind.